Liebe Geschwister,
der am 01. April 2009 gegründete Rat der Religionen - Frankfurt, dem auch der Verband Islamischer Kulturzentren angehört, ist ein hoffnungstragender Brückenbauer, der keine übergeordnete religiöse Institution sein möchte, sondern eine integrative, konfliktabbauende, Rolle im sozialen und im gesellschaftlichen Leben dieser Stadt spielen möchte. Ein Zusammenschluss gläubiger Menschen, die in Frieden und gegenseitigem Respekt das Zusammen- und Miteinander leben der BürgerInnen dieser Stadt fördern will. Ein erster Schritt dazu ist das Kennenlernen des „Anderen“. Diesem Zweck dient mein heutiger Besuch bei Ihnen, der eigentlich der erste offizielle Besuch einer Mosche in meiner neuen Funktion als Vorsitzender des Rats der Religionen ist.
Es ist mir besondere Freude und Ehre heute dem Freitagsgebet beizuwohnen und Ihnen diese Worte richten zu dürfen. Ich danke recht herzlich unser Ratsmitglied Herrn Yusuf Colak für diese Einladung.
Als Gastarbeiterkind weiß ich zu schätzen, wie wichtig es für uns Migranten ist, Religion, Kultur und Tradition unserer Ahnen in der Fremde erleben zu können. Lassen Sie mich hierzu meinen Dank an die erste Generation der Gastarbeiter richten, die mit viel Mühe und Opfer uns dies ermöglicht. Glaube, Tradition und Familie bilden keineswegs postmoderne Werte, sondern moderne und nachmoderne Werte der Gegenwart und der Zukunft. Und die Zukunft gehört unserer Jugend. Unseren Kindern und Enkelkindern.
Als Grieche, der dem türkischsprechenden Stamm der Gagauz angehört, durfte ich im Dorf meines Vaters in Bati Trakya (West Thrakien), das seit Jahrhunderten, friedliche, abseits jeder nationalistischer und politischer Propaganda, Zusammenleben von Christen und Muslime erfahren. Ich habe schon als Kind Muslime als einfache, friedliche Menschen kennengelernt, die ihren Nächsten wirklich respektieren und lieben und fürs tägliche Brot kämpfen.
Als orthodoxer Christ, weiß ich, dass die Geschehnisse der Geschichte, orthodoxe und muslimische Völker für Jahrhunderte zum nachbarschaftlichen und symbiotischen Zusammenleben führten. Die
Begegnung reicht zum 7. Jahrhundert zurück. Die Erinnerungen der Vergangenheit schließen natürlich Schmerz, aber auch Positives auf beiden Seiten in sich. Gott sei Dank, hat uns die neuere Geschichte dazugeführt in Deutschland friedlich miteinander zu leben. Der Islam ist auch hierzulande weniger der entfernte „Fremde“, sondern der Nachbar und Mitläufer. Europa ist schon lange kein geschlossener, christlicher „Club“, sondern multikulturelle, multireligiöse, politische Tatsache/Realität.
Die Erkenntnis des Islam weist auf Verständnis und Respekt des „Anderen“ hin, und in diesem Sinne sieht der RdR seine Aufgabe. Es gehört zu unseren Pflichten, die schlechten Erfahrungen der Vergangenheit zu überwinden um eine gute Zukunft aufzubauen. Dies setzt natürlich ehrlichen und vernünftigen Dialog voraus, fern jeglicher Abwehr- und apologetischer Syndrome. Wir stehen vor der Aufgabe: Wie können wir Wunden der Vergangenheit heilen, Ängste der Gegenwart aufheben und unser Zusammenleben zum Segen Gottes gestalten, das dem Gemeinwohl dient? Wie können wir zukünftig zusammenarbeiten?
Lasst uns auf Themen fokussieren, die wir gemeinsam behandeln und bearbeiten können. Unterschiedlicher Glaube war nie ein Hindernis für menschliche Solidarität. Um näher zu kommen, müssen wir nichts vom eigenen Glauben zu verlieren. Es reicht, wenn wir uns, trotz der vielen Unterschiede, gegenseitig respektieren und Hand in Hand auf menschlicher Basis alltägliche, menschliche Themen aufnehmen.
Wir stehen alle vor denselben Herausforderungen und Gefahren. Abbau von Werten, Jugendkriminalität, Arbeitslosigkeit, soziales Desinteresse, Fundamentalismus, Xenophobie und ähnliche Themen. Wir suchen den Dialog der Gläubigen und nicht nur der Religionen. Den Dialog kultivierter Menschen und nicht nur der Kulturen. Dabei sollte der Glaube eines Jeden von uns Anlass für intensive Annäherung und ernste Zusammenarbeit sein. Lasst uns ehrlich versuchen zusammenzuarbeiten mit dem Ziel der Einheit zu dienen in einer von Trennung und Auseinandersetzung gekennzeichneten Welt.
Kardeslerim, ben yunanim ama türkce biraz beliyorum:
Cumanız mübarek olsun!
Allah namazınızı ve dualarınızı kabul etsin''
(Euer Freitag sei gesegnet! Gott möge Euer Gebet und Eure Bittgebete annehmen.)